Die »Weichen aus dem Mixer« wurden zu einer Art Szenefoodstuff gehypt. Ob grün oder fruchtig – süß oder herb, die Vielfalt ist groß. Selbst gemacht mit den richtigen Zutaten sind sie durchaus ein gesunder Nährstoffcocktail, was man von vielen der käuflichen Fertigmixturen nicht sagen kann. Oft sind diese maßlos überzuckert sowie mit künstlichen Aromen und Zusatzstoffen downgepeppt, da bleibt von »gesund und sportlich« nicht viel übrig. Aber auch der gesundeste, mit frischen Zutaten hergestellte Smoothie kann Apfel, Banane, Beeren und Gemüse in unpürierter Konsistenz nicht das Wasser reichen. Zum einen geht durch die Zerstörung der Zellstrukturen im Mixer viel Wertvolles verloren, zum anderen entfallt die für Kiefermuskulatur, Zahngesundheit und Anregung des Speichelflusses wichtige Kauarbeit. Zudem muss beachtet werden, dass mit einem Smoothie eine deutlich größere Menge und damit mehr Fruchtzucker und Energie aufgenommen wird als beim Verzehr der Ursprungprodukte.
These 1: »Zucker in Honig und Ahornsirup ist gesunder als Haushaltszucker«:
Honig, Ahorn- oder Zuckerrübensirup sind Naturprodukte, die Enzyme, Mineralstoffe und Vitamine enthalten. Aber sie alle bestehen zu rund 70 Prozent aus Einfachzuckern (Fruktose und Glukose), die sich in ihrer Wirkung auf Insulin- und Blutzuckerspiegel vom Haushaltszucker nicht unterscheiden.
These 2: »Brauner Zucker ist gesunder als weißer«:
Bei beiden handelt es sich um Saccharose, ein aus Zuckerrohr (Rohrzucker) oder Zuckerrüben (Rübenzucker) gewonnenes Disaccharid. Die braune Variante, auch Rohzucker (ohne »r«) genannt, ist ein Zwischenprodukt im Herstellungsprozess des weißen Raffinadezuckers, die noch Reste des dunklen Zuckersirups (Melasse) enthalt. Damit sind noch geringfügig mehr Mineralstoffe enthalten, die aber kaum ins Gewicht fallen. Daher sollte mit braunem Zucker ebenso sparsam umgegangen werden wie mit weißem.
These 3: »Fruchtzucker ist gesunder als normaler Haushaltszucker«:
»Frucht« klingt gesund und tatsachlich sind die in naturbelassenem Obst enthaltenen Fruchtzuckermengen unbedenklich, sofern man es mit dem Verzehr nicht maßlos übertreibt. Das passiert aber schnell, wenn man mit Industriefruchtzucker gesüßte Softdrinks (Cola und Co.), gezuckerte Cerealien, Fertiggerichte, aber auch pure Fruchtsafte – ein Glas Apfelsaft enthalt den Saft und Zuckergehalt von fünf Äpfeln – konsumiert. Zwar wird Fruchtzucker unabhängig von Insulin verstoffwechselt und lost daher keinen Insulinausstoß aus, aber überschussige Fruktose wird stante pede von der Leber in Fett (Triglyceride) umgewandelt. Der übermaßige Verzehr von (verstecktem) Fruchtzucker ist die häufigste Ursache für eine nicht-alkoholische Fettleber und die Einlagerung von Eingeweidefetts in die Bauchhohle. Ausdauersportler mit hohem Energieumsatz sind zwar weniger gefährdet. Doch ist ein Zuviel an Fruchtzucker ebenso ungünstig wie ein Übermaß anderer kurzkettiger Zucker.
These 1: »Viel Eiweiß brauchen nur die Kraftsportler«:
Die grazile, durch schlanken Muskeln charakterisierte Statur von Langstreckenlaufern und Radrennfahrern stärkt den Glauben, Eiweiß sei im Ausdauersport weniger relevant als Energie liefernde Fette und Kohlenhydrate. Weit gefehlt! Aufgrund der überragenden Bedeutung hochwertiger Proteine für die Regeneration der Muskelfasern, die Enzymfunktionen im Energiestoffwechsel, die Stabilität von Sehen und Bändern, die Blutbildung und das Immunsystem, ist der Eiweißbedarf nur unwesentlich niedriger als in kraftbetonten Sportarten. Da der Körper über keine Eiweißdepots verfügt, ist täglicher Konsum in adäquater Menge ebenso wichtig wie die Vermeidung eines deutlichen Überangebots, das aufwendig über die Nieren entsorgt werden muss.
These 2: Der Eiweißbedarf sinkt mit dem Alter:
Das Gegenteil ist der Fall. Zwar ist der Aufbaustoffwechsel eines 65-Jahrigen nicht mehr so aktiv wie bei einem 25-Jahrigen. Aber der Verlust von Muskelmasse ist der am stärksten ins Gewicht fallende Faktor für abnehmenden Leistungs- und Regenerationsfähigkeit im Alter. Zudem können Senioren das angebotene Eiweiß nicht mehr mit gleicher Effizienz verwerten. Daher gilt es, in der zweiten »Halbzeit« der sportlichen Karriere besonders auf ausreichende Eiweißaufnahme zu achten.
»Nüsse machen nicht dick, und Fisch und pflanzliche Öle gehen weniger auf die Taille als tierische Fette!« Das sind nur einige Beispiele für Lebensmittel, die aufgrund ihrer hochwertigen Inhaltsstoffe zu Recht einen sehr guten Ruf genießen, denen aber zugleich angedichtet wird, sie seien kalorienarmer und daher »unbeschwert« verzehrbar. Hochwertige Lebensmittel zeichnen sich zwar durch hohe Dichte wertvoller Nährstoffe aus. Aber dabei geht es eben auch um die Energie liefernden Makronährstoffe, unter denen Fett mit etwa neun Kilokalorien pro Gramm mehr als doppelt so viele enthalt wie Kohlenhydrate und Eiweiß. Dabei spielt es keine Rolle, ob das Fett vom Tier oder einer Pflanze stammt, ob es gesättigt oder ungesättigt, fest oder flüssig ist. Der Energiegehalt ist stets derselbe und muss daher in gleicher Weise in der persönlichen Energiebilanz berücksichtigt werden. Nüsse strotzen vor gesunden Inhaltsstoffen, aber in 100 Gramm stecken zwischen 600 und über 700 Kilokalorien – etwa ein Viertel des gesamten Tagesbedarfs eines durchschnittlich aktiven Erwachsenen! Auch für das gesundeste Lebensmittel gilt die »Dosis-Gift-Beziehung «. Sie durch »Light-Produkte« umgehen zu wollen, ist keine gute Idee. Meist wird dabei ein geringerer Fettgehalt mit übermäßigem Zuckerzusatz ausgeglichen.
Fett macht den Geschmack – heißt es immer! Aber so eindeutig ist die Sache nicht. Seit der Entdeckung der sechsten Geschmacksrichtung »Umami« – dem »Hieper« auf Fleisch –, wird dem Fett mitunter ein Eigengeschmack zugeschrieben. Aber Umami ist kein Ansprechen auf Fett, sondern auf die Aminosaure Glutamat. Dass Fett allein »schmeckt«, ist nicht nachgewiesen. Allerdings sind einige Aromastoffe aus Lebensmitteln fettlöslich und konnten so tatsachlich erst durch Fett zu geschmacklicher Blüte gelangen. Aber dazu bedarf es keiner großen Mengen. Fettarme Zubereitung bedeutet nicht automatisch geschmackliche Einbußen. In Maßen anstatt in Massen ist der richtige Weg.
Recht neu, aber lautstark verbreitet wird die These, Milchprodukte seien der Knochengesundheit abträglich. Diese Behauptung ist Folge einer sehr selektiven Interpretation einer schwedischen Studie aus dem Jahr 2014. Die Wissenschaftler hatten in einer Befragungsstudie analysiert, dass Frauen, die nach eigenen Angaben jeden Tag mehr als drei Glaser (mehr als 700 Milliliter) pure Milch tranken, innerhalb des Analysezeitraums von 20 Jahren mehr Knochenbrüche erlitten. Bei Männern war dieser Zusammenhang nicht zu beobachten, auch nicht bei Frauen, die weniger als drei Glaser Milch pro Tag tranken. Bei Milchprodukten wie Käse oder Quark zeigte sich sogar der gegenteilig Effekt einer verringerten Frakturrate. Die Wissenschaftler selbst betonten, das Studiendesign erlaube es nicht, einen Kausalzusammenhang zwischen Milchkonsum und Frakturrisiko zu konstruieren. Der Anstieg der Frakturrate bei hohem Milchkonsum sei vermutlich dem relativ hohen Gehalt an freier Galaktose, einer Untereinheit der Laktose, geschuldet. Kurzkettige Zucker im Übermaß sind als »Calciumräuber« bekannt. Die knochenstabilisierende Wirkung von Käse und Co. ist gut mit dem hohen Calciumgehalt und eliminierten Zucker erklärbar. Obwohl mittlerweile Metaanalysen – das sind Auswertungen einer Vielzahl von Studien – keinen Zusammenhang zwischen Milchkonsum und höherem Frakturrisiko belegen konnten, wird das von bestimmten Kreisen behauptet, um daraus eine Verunglimpfung gleich aller Milchprodukte zu konstruieren. Ob Käse, Quark oder Joghurt, alles verringere die Knochendichte bei Männern und Frauen. Dieses Milch(produkte)-Bashing entbehrt jeder Grundlage. Als Lieferant von hochwertigem Eiweiß, Vitaminen, Calcium und weiteren Mineralstoffen sind Milchprodukte in vernünftiger Dosierung eine Bereicherung für den sportlichen Speiseplan.
Bestimmte Süßwasseralgen enthalten sogenannte Vitamin-B12-Analoga, die aber vom Menschen nicht bedarfsdeckend nutzbar sind. Wer als vegan lebender Mensch auf künstliche B12 Supplementierung verzichtet, wird spätestens nach einigen Jahren einen Mangel mit schlimmstenfalls irreparablen Schaden erleiden – ein No-Go!
Natürlich kann ein Stück Schoki glücklich machen, aber das hat mehr mit dem süßem Geschmack und positiven Assoziationen zu tun als mit dem enthaltenen Serotonin. Das gelangt nämlich durch die Blut-Hirn-Schranke – eine Firewall, die unsere Schaltzentrale vor unliebsamen Besuchern schützt – gar nicht an die Bindungsstellen im Belohnungszentrum. Hier wirkt nur Serotonin, das im Gehirn selbst hergestellt wird.
Beides ist falsch. Das warme Gefühl eines Digestifs scheint die Verdauung anzuregen. In Wahrheit verlangsamt Alkohol die Magenentleerung und bremst die Fettverdauung aus, da die Leber der Alkoholentgiftung den Vorzug gibt. Zwar fordert Alkohol das Einschlafen, verschlechtert aber das Durch- und Tiefschlafen und damit den Erholungswert.
Autoren: Ralf Kekeling & Dr. Stefan Graf